Gemeinsam.Schule.Leben.

Das Wort „Schule“ leitet sich ab vom lateinischen Wort „scola“, und das bedeutet, man höre und staune, Muße.  Besonders die anwesenden Schülerinnen der Kursstufe mussten herzhaft lachen, scheint doch der Begriff der Muße so überhaupt nicht zu den Erfahrungen ihres Schulalltags zu passen. Doch die weiteren Erklärungen von Pater Mertes ordneten die Aussage  ein: Muße ist das Gegenteil von Arbeit und Schule befreit von Arbeit. Die Befreiung von der Erwerbsarbeit ist ein Privileg von Kindern, die nicht für den Familieneinunterhalt mitarbeiten müssen. Schule macht also in gewissem Sinne frei.

Bildung, so die These von Pater Mertes, nutzt nur dann, wenn man sie zunächst von der Nutzenorientierung befreit.  Ihr Wesen liegt im Bereich des sogenannten „Übernützlichen“, ein Begriff, den der Nobelpreisträger Thomas Mann geprägt hat. Was damit gemeint ist, kann man am sogenannten Sabbatparadox erkennen. Der Ruhetag der Juden entzieht sich allen Nüztzlichkeitserwägungen, insofern nicht gearbeitet wird und nichts Produktives geleistet wird. Aber unnütz ist der Tag trotzdem nicht. Er ist „übernützlich“, seine Bedeutung erschließt sich dem, der über die Frage nachdenkt, was Ruhe und Rückzug für die Persönlichkeitsentwicklung des Individuums, aber auch für die Orientierung einer Gesellschaft bedeutet. 

Weiterhin ist Bildung, so Pater Mertes, mehr als Kompetenz. Gerade ist wieder die neue Pisastudie erschienen und wieder schneiden deutsche Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich schlecht ab.   Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass der Grundgedanke einer Leistungsmessung im Sinne der Pisastudie  ein „nur“ anwendungsorientierter Bildungsbegriff ist, es geht hier um Kompetenzen. Das Problem des Kompetenzbegriffes aber sei, dass er kulturelle Unterschiede ausblende und eine Bewertung nach Kriterien des Marktes, also Angebot und Nachfrage, biete. In Deutschland wird eine Bildung angestrebt, in der Dialog, Diskussion, Kritikfähigkeit  und Selbstreflexion wichtige Werte sind. Die Chinesische Haltung dagegen sei, sich vom Leher sagen zu lassen, was man lernen solle, und dies dann auch zu tun. Gibt es überhaupt global funktionierende Kriterien? Pater Mertes bejaht das und sagt, dies sei die Menschheit. Er zitiert den Philosophen Immanuel Kant:  „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ In jedem Menschen ist also etwas, das Selbstzweck ist, etwas, was ihm seine besondere Würde gibt. So sei es dann Aufgabe von Schule, Kinder und Jugendliche zu befähigen, ihren inneren Wert und ihre innere Würde wahrzunehmen und zu entfalten.

Bei dieser Aufgabe stellt für Mertes die Stille einen ganz wichtigen Aspekt dar. Und zwar gehe es um eine gemeinsam erlebte Stille. Stille sei eine innere Erfahrung und der Anfang aller Herzensbildung. Statt zum Beispiel angesichts der Ergebnisse der Pisastudie in Aktionismus zu verfallen, statt immer mehr auf Anstrengung und Wettbewerbsdenken zu setzen und damit die Kommunikation immer aggressiver werden zu lassen, sollten wir die Kunst des Hörens und des Zuhörens lernen. Und uns aus der Spirale des Schneller-Weiter-Länger befreien. Auf-Hören im Sinne von Aufhorchen. Der Sinn der Stille liegt darin, dass wir Erfahrungen machen, die größer sind als wir, über die man nicht sprechen kann, über die man aber auch nicht nicht sprechen kann. Und das sind letztlich religiöse Erfahrungen. In der Vermittlung solcher Stilleerfahrungen sieht Pater Mertes eine spezifische Aufgabe Kirchlicher Schulen.