Wie funktioniert Lernen? Wie lernen Kinder am besten? Was brauchen sie, um gut zu lernen?
Wir ahnen es schon: am wenigsten gelingt das unter Druck. Und die Vorstellung, man könne Informationen quasi in die Köpfe von Menschen hineingießen und es bedürfe dann nur noch eines gewissen Maßes an Wiederholung, ist überholt. Stattdessen, so die wichtige Erkenntnis, erfolgt Lernen in Beziehungen.
Dr. Christof Wettach hielt seinen Vortrag im Rahmen der Veranstaltungen zum 200jährigen Jubiläum der Klosterschulen Offenburg. Mit viel Humor und praktischen Übungen vermittelte er seine Botschaft. Die Zuhörer konnten sich gegenseitig begrüßen und so eine Beziehungserfahrung machen. Sie sangen ein Lied und mussten dabei aufstehen, was die Bedeutung von Bewegung beim Lernen verdeutlichte. Sie sollten einen Text auswendig lernen und wurden dabei mit einer Erwartungshaltung konfrontiert – sofort wurde klar, wie störend es ist, beim Lernen unter Druck gesetzt zu werden.
Wie aber funktioniert nun ein Gehirn und wie verarbeitet es Informationen? Am besten, indem Bilder gespeichert werden. Wenn es gelingt, Informationen in Bilder umzusetzen, dann ist das die Grundlage für das Lernen. Dabei werden dann neue Informationen in bereits gespeicherte eingebaut, das erfolgt über Verknüpfungen. Und auf diese Verknüpfungen kommt es an.
Das menschliche Gehirn verfügt im Schnitt über 100 Milliarden Nervenzellen und über 100 Billionen Verknüpfungen zwischen diesen Nervenzellen. Je mehr es davon gibt, desto schlauer ist man, so die These. Ein zweijähriges Kind verfügt übrigens über die meisten Verknüpfungen, wir sollten also voller Respekt auf unsere zweijährigen Kinder schauen. Sie sind sehr klug!
Wie können sich aber Nervenzellen miteinander verbinden? In einem Versuch mit Mäusen zeigte sich, dass die, die in Gemeinschaft aufwuchsen, über deutlich mehr Verknüpfungen verfügten als die, die einsam aufwuchsen. Wir lernen also, dass gute Beziehungen Verknüpfungen entstehen lassen.
Dr. Wettach ging noch auf weitere Aspekte für gutes Lernen ein. So sind Kinder von Natur aus auf Bewegung angelegt, dabei trainieren sie ihr „Geh-Hirn“. Dass der natürliche Bewegungsdrang, der so wichtig für die geistige Entwicklung ist, in der Schule gebremst werden muss, ist ein Dilemma. Ein sechsjähriges Kind, das in der Grundschule still sitzen muss, kann sich auf wenig anderes konzentrieren als eben auf dieses Stillsitzen. Eigentlich müsste, so Wettach, Bewegung Teil jedes Unterrichtsfaches sein. Ein weiterer Aspekt ist die Begeisterung. Da, wo sich ein Mensch für etwas begeistert, entstehen Verknüpfungen der Nervenzellen und Lernen gelingt. Und Kinder begeistern sich ca 100 mal am Tag. Deswegen, so die Botschaft, muss Unterricht begeisternd sein.
Welchen Rat kann ein Kinder- und Jugenarzt Eltern und Lehrkräften geben? Angesichts der Tatsache, dass 30% aller Kinder und Jugendlichen unter Kopf- und Bauchschmerzen in der Schulzeit leiden, sieht er Handlungsbedarf. Er rät dazu, Kinder so zu nehmen, wie sie sind. Manchmal können sie komisch sein, aber wer ist das nicht ab und zu! Wichtig sei es, den Wert von Fehlern zu vermitteln, denn aus Fehlern lernt man. Angst ist ein schlechter Ratgeber, deshalb sollte man alles meiden, was Angst erzeugt. Stattdessen brauchen Kinder Menschen, die sie fröhlich durchs Leben begleiten. Und so ist das Fazit dieses inspirierenden Vortrags: Wer Beziehung stärkt, macht Schule gut!